Montag, 27. Juli 2015

Die Kindheit nachholen - Komm hoch und fang mich, Teil 2


"Papa ?", frag ich. Was ist hier los ? Was redet dieses Mädchen da ? 
"Ja ! Wo [..]", 
"Wie heißt deine Mutter ?". Das war jetzt ein wenig unhöflich, dass ich ihr ins Wort gefallen bin, aber ich bin ja auch ein wenig überfordert im Moment.
"Luisa", 
"und weiter ?", 
"Breuer", 
"Luisa Breuer sagst du ? Ich fass es nicht.",
"Was ?",
"Das ist meine Exfreundin aus der Uni.",
"Und weiter ?",
"Und sie ist deine Mutter ? Und du bist dir sicher, dass ich dein Papa bin ?",
"Ja, wäre ich sonst hier ?",
"Weswegen bist du eigentlich hier ?",
"Du sollst mit mir fangen spielen, du hast nie mit mir fangen gespielt, [...]",
"[...]",
"du warst nie auf einem meiner Geburtstage, du warst nie auf einem meiner Tanzauftritte, du hast nie mit mir gespielt, du warst nicht bei meiner Einschulung dabei, du hast mir nie einen Gute-Nacht-Kuss gegeben und du hast mich morgens nie geweckt. Welcher Papa macht sowas ?", das arme kleine Mädchen bricht in Tränen aus.
Es bricht mir das Herz. "Hör mal, ich hatte doch keine Ahnung."
"Keine Ahnung ? Wie kann man von seinem eigenen Kind 'keine Ahnung' haben ? Welcher Papa straft sein Kind mit solcher Nichtbeachtung ?", das kleine Mädchen wird ganz histerisch, sie weint und weint und weint und weint und weint. Was für ein Kind hat denn einen solchen Wortschatz ?, achja richtig, Engel. Ich kann nicht anders, ich geh zu ihr und leg meinen Arm um ihre Schulter, und sie legt ihren Kopf auf meine Brust und weint.
 "Du musst ungefähr 8 oder 8einhalb Jahre alt sein ?",
"Ja",
"Hör mal, ich kann dir das erklären. [...]",
"[...]",
"Ich bin mit Zwanzig auf die Uni gekommen, ich hab damals Wirtschaftsmathematik studiert und den selben Studiengang hat deine Mutter auch besucht. Anfangs kannten wir uns natürlich noch nicht, doch dann sind wir in die selbe Lerngruppe geraten und haben uns kennengelernt. [...]"
"Wieso erzählst du mir das ?",
"Ich denke es ist an der Zeit, dass du etwas über deinen Vater, bzw. über deine Eltern erfährst. Also, in der Lerngruppe sind wir uns dann näher gekommen. Das mathematische Genie, dass dem merkwürdigen jungen Mann, von weit weg, Mathe erklären muss. Wir haben uns mal bei ihr, mal in meiner WG getroffen um zu lernen, und dann wurden aus den Treffen-um-zu-lernen einfache Treffen und dann sind wir miteinander ausgegangen und schließlich ein Paar geworden. Wir waren dann fast 5 Jahre glücklich, bis sie eines Tages dann zu mir kam und meinte es hätte sich etwas geändert und sie bezweifle, dass wir so weitermachen können. Es war in den letzten Wochen vor unserem Abschluss, und kaum war es soweit, ist sie auch schon weggezogen. Ich hatte sie aus den Augen verloren. Ich wusste nicht, was sich geändert hat. Ich wusste nichts von dir."
Kurze Stille. "Papa, ich glaube dir",
"Echt ?",
"Ja, ich kenne die Wahrheit, ich komm von oben. Immerhin belügst du mich nicht.",
"Wieso bist du eigentlich ein Engel ?",
"Musst du das wirklich fragen ?"
"Du bist tot ?". Eine Träne rollt über ihr Gesicht, sie nickt.
"Das tut mir Leid",
"Sollte es auch. Es war ein Einbrecher, Mama wurde wach und wollte die Polizei rufen, dann hat er geschossen, ich hab es von der Treppe aus beobachtet, dann hat er mich gesehen, und geschossen. Du hättest da sein können, Papa, du hättest uns beschützen müssen."
Jetzt kommen auch mir die Tränen, dieses arme Kind. "Aber ich konnte doch nicht, es tut mir so wahnsinning Leid, ich wusste es nicht."
"Ich werde nun wieder in den Himmel gehen, ich kann nicht bleiben, aber ich komme morgen Abend wieder.",
"Bis dann, meine Kleine", "Gute Nacht, Papa".
Zwick mich. Ich träume. Ich habe eine Tochter ? Meine Tochter ist tot ? Luisa, dieses Miststück, ich habe eine Tochter verdammt !!
Mein nächster Tag startet wieder normal. Selbst nach einem solchen Ereignis komme ich nicht aus meinem Trott heraus, man ist das trostlos. Doch ich werde nicht zulassen, dass der heutige Tag im Alltag untergeht. Erstmal auf der Arbeit krank melden. Ich muss mir eine to-do-Liste schreiben, sonst verlier ich das alles aus den Augen.
  1. 8 Geburtstage feiern
  2. Bei der Einschulung dabei sein
  3. Bei Tanzauftritten dabei sein
  4. Spielen
  5. den Einbrecher finden
Dann ab in den Supermarkt.
Luftballons ? Wo zum Teufel, haben die hier bitte Luftballons ? "Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte sagen, wo ich hier Luftballons finde ?", "Ja, natürlich, direkt hier vorne, zwei Gänge, dann rechts.", "Danke", man dieser Verkäufer war meine letzte Rettung, ich wäre hier noch stundenlang rumgeirrt. Welcher Idiot packt auch Luftballons auf die Rückseite de Käse- und Wurstaufschnittregals, neben die ganzen Gewürze ? 
Mal überlegen, auf einem Geburtstag braucht man mind. 3, an der Tür, + 2, pro Stuhl, also nochmal + 2 +3, an jeder Seite des Tisches, also nochmal + 3, sind 3+2+2+3+3, sind 13 Ballons. 13 ist keine gute Zahl, machen wir 14 draus. Ich hab 8 Geburtstage verpasst, sind also 8*14, sind 112, pro Packung sind 25 drinne, also brauch ich 5 Packungen. Jetzt noch Luftschlangen und tonnenweise Gummibärchen und Knabberkram, dann bin ich hier fertig. Natürlich geht es nicht direkt nach Hause, nein, für eine Geburtstagsfeier braucht man noch Kuchen, und Pizza, aber erstmal den Kuchen. Bei meinem Lieblingsbäcker halte ich an, aber die sagen mir, sie haben nur 3 Geburtstagskuchen da. Es fehlen noch 5. Nachdem ich bei 2 weiteren Bäckern war, hab ich sie alle zusammen. Also ab nach Hause. Alles vorbereiten und schmücken, die Kuchen stehen bereit, die Luftballons hängen, die Pizzen sind auf 7 Uhr bestellt, man war der Kerl am Telefon sprachlos, als ich 8 Partypizzen bestellt habe. 
Wo bleibt sie ?
"Papa ? Was ist hier los ?",
"Meine Kleine, du hats mir deinen Namen noch gar nicht verraten."
"Emilie."
"Ein schöner Name. Happy Birthday to you, Happy Birthday to you, Happy Birthday, liebe Emilie, Happy Birthday to you." Ich nehme sie stürmisch in den Arm, ich merke wie sie wieder Tränen in mein Hemd weint. "Reicht dir einmal oder soll ich es 8 mal singen ?"
"Nein, Papa, einmal reicht.",
"Schau, ich habe alles geschmückt, genug Luftballons für jeden Geburtstag und genug Kuchen und genug Gummibärchen und später kommen noch genug Pizzen. Genug für jeden Geburtstag, den ich verpasst."
Den ganzen Abend waren wir zusammen und haben geredet und gegessen und es blieb tonnenweise übrig, aber wir haben uns kennengelernt, wir haben zusammen gelacht und sie war glücklich.
  1. 8 Geburtstage feiern
  2. Bei der Einschulung dabei sein 
  3. Bei Tanzauftritten dabei sein
  4. Spielen
  5. den Einbrecher finden
Am nächsten Morgen schaue ich auf die Liste, Punkt 2, das wird nicht leicht mitten in den Osterferien. Die auf der Arbeit können mich mal. Abe robwohl ich nun schon geschlagene eineinhalb Stunden durch die Stadt fahre, finde ich nicht eine einzige Schultüte zu kaufen. Verdammt, wir haben Osterferien, nur noch einmal Ferien, dann ist wieder Einschulung, es gibt bestimmt übereifrige Eltern, die jetzt schon Schultüten kaufen wollen, weil die aus dem Kindergarten ihnen bestimmt nicht gut genug sind, die Nachfrage ist also da, das Angebot fehlt. Na gut, dann halt selbst basteln. Ein bisschen Wellpappe, ein bisschen mehr Wellpappe, ein bisschen viel mehr Wellpappe, viel Kleber, noch mehr Klebestreifen und eine Packung Wachsmalstifte und ganze 3einhalb Stunden später ist sie fertig, die Schultüte meiner Tochter, mit Tänzerinnen und Wolken und kleinen Engeln drauf. Wir haben jetzt kurz nach 13Uhr, egal, dann wird es halt eine späte Einschuöung. Die Schultüte im Kofferraum mach ich mich auf den Weg zu einer der örtlichen Grundschulen. Ich stelle die Schultüte an den Eingang des Gebäudes im Pausenhof und setze mich in gebührendem Abstand von 6m entfernt auf den Boden. Was fehlt ist meine Tochter, aber sie ist ein Engeln, vielleicht hilft ein Gebet. Und zum ersten Mal seit meiner Konfirmation bete ich wieder nach oben, mit dem kleine Unterschied, dass ich es damals für Geld tat, Gebetsdirne, und ich es diesmal ernst meine, liebender Vater. Und siehe da, sie ist da. 
"Papa, was tust du ? Willst du die Einschulung wiedergut machen ?",
"Das hatte ich vor, bitte, schau dir deine Schultüte an.",
"Sie ist [...], sie ist wunderschön. Sie ist schöner als meine damals. Meine hat damals die Mama gekauft, meine selbstgebastelte aus dem Kindrgarten war ihr nicht gut genug. Mamas hatte Delfine und Wale drauf, ich hasse Delfine. Deine ist perfekt.",
"Bitte Emilie. Nimm die Schultüte, ich will sehen, wie du eingeschult wurdest."
Die Vorstellungskraft eines Kindes ist unglaublich, als wäre dort wirlich ein Lehrer, der sie begrüßt, und als wären 100 andere Kinder um sie herum, stand sie erwartungsvoll mit ihrer Schultüte da, bis sie irgendwann das Schulgebäude betrat, durch die Wand durch, na klar, sie ist ein Engel. Ich wette auf ihrer Einschulung damals gab es keinen anderen Vater, der auf sein Kind so stolz war, wie ich es in diesem Moment bin. Ich bin zurzeit wohl sehr nah am Wasser gebaut, wieder kommen mir ein paar Tränen, Tränen vor Stolz.
Nach ein paar Minuten kommt sie wiederheraus, die Schultüte ist offen. "Danke, Papa", "ich bin stolz auf dich meine Kleine.", "Ich hab dich lieb, Papa".
"Schau, dort vorne ist eine kleine Bühne, meinst du, du könntest mir etwas vortanzen ?",
"[...] Na klar", und wieder grinst sie mich an. Alles was sie gegen mich hatte, scheitn verflogen zu sein. Und da steht sie nun, nein sie steht nicht, und da tanzt sie nun. Fließende Bewegung, jeder Schritt perfekt, jede Bewegung anmutig und selbst ihre Flügel folgen dem Tanz. Ich kann mir nun nichtmehr vorstellen, dass jemals ein Vater mehr von Stolz erfüllt war, als ich es bin. Ich schaue ihrem Tanz zu, die ersten 5 Minuten waren nur der Einstieg, danach legt sie richtig los. Und sie tanzt bis sie selbst als Engel vor Erschöpfung anfangen muss zu atmen. Sie verlässt die Bühne, und kommt zu mir, legt sich in meine Arme. "Das hast du echt gut gemacht, hätte ich dich doch nur früher schon tanzen sehen.", 
"Das hast du noch nie zu mir gesagt.",
"Ich weiß, und jetzt weißt du wie gut ich dich finde", "Danke Papa, wollen wir Ball spielen ?",
"Mit welchem Ball ?",
"Dort vorne liegt doch einer",
"Den hat wohl ein Kind liegen lassen, na gut, spielen wir."
Und wir spielten bis es dunkel wurde, und sie wieder nach oben gehen musste und ich mich auf den Heimweg machte. Aber wir haben nichtnur Ball gespielt, wir haben verstecken gespielt, wir haben Wettrennen gemacht, sie hat geschummelt, sie ist geflogen, aber das hab ich ihr nicht gesagt.
  1. 8 Geburtstage feiern
  2. Bei der Einschulung dabei sein
  3. Bei Tanzauftritten dabei sein
  4. Spielen
  5. den Einbrecher finden
Der nächste Morgen ist wunderschön, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und die Wiese vor meinem Schlafzimmerfenster glänzt vom Morgentau. Ich bin fast fertig, Punkt 5 fehlt noch.

Freitag, 24. Juli 2015

Ritt auf einem Meteoriten - Kapitel 2 : Vision der Unendlichkeit


Ach du scheiße wie fertig ist man eigentlich ? Auf nem Weltraumstein, auf nem verdammt geilen Weltraumstein, Klugscheißer halt bloß die Klappe. Die Erde kommt näher, seh ich da etwa Afrika ? Je näher sie kommt umso mehr erkennt man die Richtung, Europa, Gott sei Dank. Es geht also weiter, in die Atmosphäre hinein, schweigend erlaubt man dem Volksmund einen Meteoriten mit Schweif Sternschnuppe zu nennen. Vielleicht ist die korrekte japanische Übersetzung für Sternschnuppe ja KameHameHa, aber nach Tabaluga wäre das wohl zu viel Kindheit in einer Nacht. Apropos Tabaluga, wo treibt sich der dämliche Drache nur rum ? Nein, es tut einem Leid, natürlich ist Tabaluga nicht dämlich, nur anscheinend zum richtigen Zeitpunkt am falschen Ort. Hinter der Erde geht die Sonne immer weiter auf. Die Strahlen der goldenen Sonne, Fuck!, doch nicht genug Kindheit für eine Nacht, wärmen einen, wie man da aus der Kälte des Alls in die Atmosphäre eintaucht. Und die Erde kommt immer näher. Man erkennt die Formen der Länder. Man erkennt Italien, wäre peinlich wenn nicht, aber auch Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen und der Klugscheißer findet sogar aufs genaueste Luxemburg.
Panik! Panik! Wir sind zu nah, zu schnell, der Weltraumstein und ich, viel zu nah und zu schnell. Wir werden kaputt gehen, einfach so, wie ein Blumentopf der aus dem 4.Stock fällt, wie einer der Kumpels, der am Ende als halbe Drogenleiche auf dem Mond hing wie erledigt. Ich will nicht kaputt gehen. Was wohl meine Freunde sagen, sie sind auf dem Mond, ich geh an der Erde kaputt. Was sie wohl grade machen ? Immernoch feiern ? Wenn ja, zu wie vielt ? Ich weiß es nicht, wie viele waren es ? Zahlen. Sind Zahlen überhaupt wichtig ? Wen interessieren schon Zahlen ? Man misst sein Alter in Zahlen, mit 18 volljährig, mit knappen 70 zu alt zum arbeiten und 10 Jahre später tot. Wie wäre das ohne Zahlen ? Wann ist man volljährig und wann ist man tot ? Wäre man nicht der Meinung das Leben wäre ewig, wenn man es nicht in Zahlen messen würde ? Wäre das nicht ein Traum ? Man darf ja wohl träumen, wenn man auf einem Weltraumstein, halt sie Klappe Klugscheißer, auf die Erde zu rast, auf jeden Fall darf man, ja, und man träumt von einer Welt ohne Zahlen. Niemand ist besser als andere, nur anhand der Zahl seiner Abonnenten, Facebookfreunden oder echten Freunden. Es würde nur darauf ankommen, dass man welche hat, weil es keine Zahlen gibt in denen man das messen kann. Ja.
Hey, das ist Tabaluga ja. Der verrückte Drache hat wirklich den Weltraumstein eingeholt. Endstation, alles absteigen, man will ja nicht auf der Erde kaputt gehen. Also nichts wie ab auf den Rücken des Drachens. Und was macht der ? Tabaluga, dieser coole Kerl, fliegt einen zurück auf den Balkon, wo alles anfing, und hey, die Freunde sind auch schon da. Ein unvergesslicher Trip auf den Mond, und per Meteoritexpress zurück zur Party.
Aber die Morgensonne scheint, also nichts wie ab auf den Heimweg. Komm Tabaluga, wir gehen.
Home, sweet Home

Donnerstag, 23. Juli 2015

Komm hoch und fang mich, Teil 1


Ein mieses Gefühl, wenn man merkt, dass das eigene Leben zum Alltag verkommt. Jeden Morgen stehe ich immer mit dem falsche Fuß auf, um dann auf dem Weg in die Küche meinem Kater entweder auf die Pfoten oder auf den Schwanz zu treten. Jetzt muss ich mir erstmal einen Morgenkaffee machen, wozu hab ich schließlich einen Kaffeevollautomaten ? Natürlich verbrenn ich mir am ersten Schluck Lippen und Gaumen, so wie jeden Morgen halt. Naja, während der Kaffee abkühlt, kann ich ja schonmal mein restliches Frühstück vorbereiten, ein Leberwurstbrot. Ich riech die Lebberworscht so gern, ich könn mich nur von [...] meiner Lebberworscht ernährn. Der Kaffee ist aber immernoch zu heiß, also ist noch genug Zeit die Zeitung zu holen. Jeden morgen gehe ich, ungeachtet der Jahreszeit oder Nachbarskindern, nur mit Boxershorts bekleidet an den Briefkasten um die Zeitung zu holen.
Perfektes Frühstück. Leberwurstbrot, Kaffee und Zeitung. Schon nach den ersten Bissen, Schlücken und Schlagzeilen wandert mein Blick auf die Uhr, mal wieder viel zu spät dran, ich muss zur Arbeit. Sprint ins Badezimmer, unter die Dusche, powerduschen, wie jeden Morgen, währenddessen Zähne putzen. Jetzt nichts wie anziehen und los, typisch, Hemd falsch herum. Also ausziehen, umdrehen und richtig herum anziehen, ja, jetzt ist alles richtig, und los. Halt, Kater füttern. Und während mein Kater sich über sein Futter hermacht, öffne ich seine Katzenklappe nach draußen und nutze ein paar Sekunden um ihm über den Rücken und den Kopf zu streicheln. Jetzt wirds aber höchste Eisenbahn, nichts wie los.
Auf der Arbeit angekommen erwarten mich 8 Stunden der Langeweile und Irrelevanz, was mach ich hier eigentlich ? Langweiliger Papierkram, von dem mehr als 2/3 eh in den Schredder kommt.
Und nach den 8 Stunden ? Nichts von Wert geleistet und trotzdem nervlich am Ende und körperlich erledigt. Logische Schlussfolgerung ? Richtig, Essen gehen. Ich habe da schon eine Reihe an Stammlokalen, Schnellrestaurants und Imbissen.
Und nach einem ausgiebigen Abendmahl, meistens Burger oder Currywurst mit Pommes, lande ich daheim auf der Couch, schaue fern und rege mich, wie jeden Abend, darüber auf, dass nur langweiliges und uninteressantes Zeug im TV läuft. Trotzdem schaue ich es mir an, und zwar so lange, bis ich einschlafe. Und irgendwann wieder aufwache, den Fernseher ausschalte um dann endlich ins Bett zu gehen.
Das ist mein Alltag.
Nächster Tag, gleicher Ablauf : Falscher Füß, heißer Kaffe, Leberwurstbrot, powerduschen, Hemd falsch herum, Kater füttern, 8 Stunden irrelevante Arbeit, edle und ausgewogene Abendspeisung, todlangweiliges Abendprogramm, einschlafen, aufwachen, ab ins Bett.
Nächster Tag, gleicher Ablauf, zumindest fast. Alles wie gewohnt, doch plötzlich, auf dem Heimweg, fühlte ich mich so beobachtet. Bestimmt nur Einbildung.
Nächster Tag, ich werde beobachtet, es fühlt sich ganz so an. Doch niemand der rein zufällig auf der Arbeit auftaucht und abends zufällig im selben Etablissement edler Geschmäcker war, oder ähnliches. Werde ich paranoid, leide ich an Verfolgungswahn ? Könnte man es mir übel nehmen, immerhin bringt es in sehr spezieller Weise Spannung in die Einöde meines Alltags.
Nächster Tag, ich bin mir sicher, irgendwer oder irgendwas beobachtet mich. Es sind die kleinen Details die mich verunsichern. Heute stand plötzlich eine kleine Engelsstatue auf meinen Schreibtisch auf der Arbeit, ein Geschenk meines Stalkers ? Und woher kam plötzlich das Airbrushgemälde eines Engels, das da an der Wand in meinem Lieblingsrestaurant feinster amerikanischer Esskultur hing ? Bestimmt nur Zufälle. Sowas darf nicht passieren. Aber man kann ja mal nachschauen. Engel, paah, lächerlich. Als ich mein Lieblingsrestaurant feinster amerikanischer Esskultur verlasse, schaue ich einfach mal zum Himmel rauf, kann ja nicht schaden. Aha, ein blauer Himmel, warum war der Himmel nochmal blau ? Egal, nicht so wichtig jetzt. Und es sind ein paar Wolken am Himmel, keine große Wolke, keine dunkle Wolke, nur viele kleine Wolken, und auf einer der Wolken, ich glaub ich spinn, zwick mich, ich träume, da, das kann nicht sein, da ist ein kleines Mädchen auf der einen Wolke. Ein kleines Mädchen, hübsches Kind, sie lächelt, und winkt mir zu. Ich zwick mir selbst in den Arm, ich träume, ganz klar, einmal, zweimal blinzeln, sie ist weg, ganz sicher. Nein, sie ist noch da. Sie lächelt mich immernoch an, und winkt. Ich winke ihr auch, was soll das ?
"Komm hoch und fang mich", sie will mit mir fangen spielen ? Und plötzlich, mit einer Geschicklichkeit wie eine Tänzerin schwingt sich das Mädchen über den Rand der Wolken, mir stockt der Atem, aber da breiten sich auch schon hinter ihren Schultern große Flügel aus. Ein Schlag, zwei Schläge, drei Flügelschläge später sitzt sie auch schon wieder auf einer anderen Wolke. Sie ist kurz verschwunden. Jetzt schaut sie wieder über den Rand der Wolke und grinst mich an.
"Komm hoch und fang mich",
"Es tut mir Leid, aber ich kann nicht.", ihr Grinsen weicht aus ihrem Gesicht und sie verschwindet.
Was ein Tag, das muss ich erstmal verdauen, bei einer guten Stunde fernsehen.
Nächster Tag, sie ist wieder da. ich kann sie wieder sehen. Sie lächelt wieder zu mir runter, aber sie winkt nichtmehr. Ich winke ihr, sie winkt nicht zurück.
 "Komm hoch und fang mich !", es klingt schon viel fordernder als gestern.
"Es tut mir Leid, aber ich kann das nicht!", sie scheint nicht zu verstehen, dass es nicht geht. Sie sieht richtig beleidigt aus, als sie sich wegdreht. Das arme Mädchen, es tut mir doch echt Leid. Wieso eigentlich ?
Nächster Tag, der Tag nach einer schlaflosen Nacht, es hat die ganze Nacht durchgeregnet, scheiß Wetter. Das Mädchen will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Ein Engel ? Will mit mir fangen spielen ? Und ich soll hochkommmen ? Wieso ? Ich kann doch nicht. Ich will sie heute nicht wieder sehen, ich will nicht. Vielleicht wenn ich einfach auf den Boden schaue, das könnte klappen.
Der erste Teil des Tages verläuft jedoch normal, erst auf dem Heimweg, ich sags ja, mit dem falschen Fuß aufgestanden, ist da einfach eine Pfütze auf dem Boden, in dem sich der Himmel spiegelt. Nur ein kurzer Blick in die Pfütze, weil ich zu spät reagiert habe, und wen sehe ich ? Sie ist da, und ihre Reflektion sieht sehr vorwurfsvoll aus, also schaue ich jetzt wieder direkt zu ihr. Ihr direkter Anblick sieht nicht weniger vorwurfsvoll aus.
"Fang mich!", sie befiehlt es praktisch schon. So ein Tonfall, von so einem kleinen Mädchen ?
"Es tut mir Leid",
"Fang mich, wenn du kannst",
"Ich kann aber nicht", ich fang schon an zu stottern. Wie sie von dort oben auf mich herabsieht, der vorwurfsvolle Blick, die befehlende Stimme.
"Benutze Herz und Verstand, ich weiß, dass du es kannst", nun zittert ihre Stimme auch, und der vorwurfsvolle Blicke verschwindet so langsam.
"Was ? Wie ?",
"Keine Angst, Keine Angst", nun sieht sie nichtmehr vorwurfsvoll aus und hört sich nichtmehr befehlend an, nein, nurnoch traurig. Eine einzelne Träne rollt über ihr Gesicht, und es beginnt wieder zu regnen. Hat sie etwa die ganze Nacht durchgeweint ?
Ich muss jetzt einfach erstmal an mich selbst denken und mir Schutz vor diesem Wolkenbruch suchen. Mein Weg führt mich ins näheste meiner Stammlokale, eine hausmannsdeutsche Bratwurst und Bratkartoffelbude, das Essen ist sehr lecker und sehr gut anzusehen, nur die Bedienung sieht ganz nach dem Gegenteil aus, aber ich gehe schließlich wegen dem Essen hierher, also soll mich das nicht weiter stören, heute schon gar nicht. Auf jeden Fall eignet sich die Bude auch gut um ein paar Stunden über den Acker zu kriegen, so lange dauert nämlich der Regen. Als ich nach Hause komme ist es schon dunkel draußen, und so sollte es auch drinne sein, schließlich ist niemand zu Hause der Licht machen könnte. Und trotzdem sehe ich aus dem Wohnzimmer das Flimmer des Fernsehers, merkwürdig, ich werde ihn doch wohl nicht etwa die ganze Zeit laufen gehabt haben ?
Doch als ich ins Wohnzimmer trete, schaffe ich es kaum meinen Augen zu trauen. Wer sitzt denn da ? Der Engel, das kleine Mädchen in meinem Wohnzimmer ? Ich muss wohl endgültig durchdrehen. Sie schaut mich an, direkt in die Augen, was ein durchbohrender Blick, in ihrem Gesicht stehen absolut keine Emotionen geschrieben, keine Regung. Man kann nicht von mir erwarten, dass ich so einem Blick länger als einige wenige Sekunden standhalten kann, also lass ich meinen Blick schweifen, und da seh ich schon den nächsten Knüller, den ich nicht glauben will. Wer liegt denn da auf dem Schoß, des Mädchens, das nicht hier sein kann, aber anscheinend doch da ist, und sogar real ist ? Mein Kater, dieser Verräter, auf meinem Schoß liegt er nie.
"Hallo Kleines", na immerhin ein erster Schritt.
"Wieso spielst du nicht mit mir fangen, Papa ?"

Samstag, 18. Juli 2015

Sonne am Stiel

Eisland war gestern,
heute bin ich einen Schritt weiter.
Ich sah die Sonne, war geblendet,
und in meinem Traum schmolz das Eis
Das war mein Traum, meiner, meiner.

Ich will kein Eis,
ich will Sonne am Stiel.
Schokieis hatte ich genug,
vielleicht zu viel. Zu viel !

Immernoch seh ich das Gefängnis,
mein Verhängnis,
kühle Eiswürfelwand,
glänzend wie ein Diamant,
oh nein, oh nein !
Ich glaub, ich bin im Eisland gefang'.

Sonne am Stiel,
Sonne in der Hand,
Sonne im Gesicht,
Hitze und Licht,
wenn sie aus meinem Körper bricht,
und das Eis zum Schmelzen bringt
und das Eis zum Schmelzen zwingt.

*Schleck*, *Schleck*.
Eis schmeckt, schmeckt.

Es sieht aus wie Eis, das weint, das weint.
Die Sonne hat das Eisland entweiht.
Die Sonne macht mich krank.
Will ich überhaupt weg ?
Aus dem Eisland ? Das ich erfand.

Freitag, 17. Juli 2015

Eisland

Hierher Eismann, Hallo Eismann.
... Hierher EISMANN !

*Schleck*, *Schleck*. Eis schmeckt, schmeckt.
Eis, nur das mit Schokoladengeschmack, mit Schoki frohlock'.
All die Würfel in den Schlund, mit Geschmack ist kerngesund.

Als ich das Eisland erfand,

fühl du dich gut,
du brauchst mich, Halt !
Jetzt ist es ein Verhängnis,
ein Gefängnis.
Kühl und cremig.

Chancen, dass du ausbrichst ?
Wenig... wenig !

Ich will ein Eis !
Ich war so froh als ich es fand,
ich bleib hier ewig, Eisland.