Dienstag, 5. Januar 2016

Die weiße Dame

Ich bin dein Fels in der Brandung.
Das erste und letzte vor dir.
Deine Hoffnung auf Schutz, Stärke und die Ausübung von Macht.
Es war schon immer so, dass die Starken die Schwachen brauchten um stark zu sein. Und so wurden die Schwachen stark.
Ich bin stark. Ich werde dich beschützen.
Ich sage das nicht für dich, ich sage das für mich, ich sage das um mir Mut zu machen.
Du brauchst keinen Mut. Du bist die Königin der Schmerzen, nur ich bin die Königin der Feiglinge, nicht zu vergleichen mit dir oder dem König an deiner Seite.
Aber ich brauche Mut. Ich sehe vor mir die Leere und dahinter den Tod. 
Ich bin die Figur auf D7.


Die Stille

...wird durchbrochen von dem gleichmäßigen Ticken der Uhr, die die Zeit runter zählt. Man kann ihm zuhören, dem Ticken, ja das kann man. Man kann sich einreden, dass das Ticken einen kalt lässt. Kalt stehen lässt, in Reihe und Glied.
Doch in Wahrheit passt sich der eigene Herzschlag dem Rhythmus des Tickens an. Und mit jeden Tick schlägt das Herz höher zum Hals, und mit jedem Tack rutscht das Herz tief in die Hose. Man hört das Pochen des Blutes in den Ohren, mit jedem Uhrenschlag lauter, man fühlt das Pochen des Blutes an den Hauptschlagadern, mit jedem Uhrenschlag lauter, und jeder Uhrenschlag zerreißt die Ruhe. Tiefe Seen erfahren Stürme, so dass sich die Wellen überschlagen und die Ufer weit hervortreten.

Man kann sich einreden, dass das Ticken einen kalt lässt, wissend, dass man sich selbst belügt.
Die Nervosität ist praktisch schon in der Luft zu sehen, wie sie sich nach oben verliert, aufsteigend neben den verzweifelten Gebeten, die man im Kopf immer wieder hoffend zum Himmel schickt.
Man kann es sich nicht einreden, dass das Ticken einen kalt lässt. Man kann es nur versuchen sich einzureden, aber man kann sich selbst bestimmt nicht überzeugen.

Tick.

Tack.

Sekunde für Sekunde.
Und das Herz schlägt höher, doch weiter.

Sekunde für Sekunde.

Tick.

Tack.

Tick.

Tack.

Klack.

Tick. Wir sind dran.

Tack. Unsere Zeit ist gekommen.

Die Eröffnung der Schlacht und die Hunde des Krieges heulen dem Himmel entgegen, auf der Suche nach dem Mond da keine Sonne für uns scheint.
Erhobenen Hauptes gezwungen die Leere zu füllen, nur um dem Tod näher zu treten.
Ich spüre den Druck auf meinen Schultern, in meinem Rücken, hinter mir, der mich nach vorne treibt. Ein Schritt folgt dem Ersten.
Zwei Schritte dem Tod entgegen.

Klack.

Tick. Sie sind dran. 
Der Feind, mein Tod. Das Einzige, das mir jetzt noch gegenüber steht.
Tack. Und ihre Kavallerie die mir entgegen reitet. Mich, den Fels meiner Königin, die die Erste und Letzte vor ihr beschützt.

Klack. -

Wir stehen kurz davor. Kurz davor, dass sich die Schlacht dem Schauspiel der Aufstellung langweilt und Tribut fordert.
Ich stehe sicher, den Drohungen des Feindes zwar ausgesetzt, aber aus eigener Reihe geschützt. Und meine Königin steht sicher hinter mir, geschützt durch die Erfüllung meiner Aufgabe.
Ein letztes Mal hört man das Ticken der Uhr,
bevor der Lärm der Kämpfe, das Bellen der Hunde und das Tosen der Schlacht es übertönen.
Ein sinnloses Schreien und Rufen der Drohungen, sinnloses Klirren von Waffen und sinnloseres Morden und Opfern von Feinden und Freunden.
Plötzlich, und doch habe ich es kommen sehen, spüre ich wieder die Angst und Unruhe. Das Ticken und die Nervosität lassen einen nicht los, auch wenn man die Uhren nicht hören kann.
Mir einzureden, dass mich das Ticken kalt lässt, probiere ich gar nicht erst, denn für Mut ist es zu spät. Jetzt, da ich mir selbst des Schutzes meiner Königin nichtmehr sicher sein kann.
Was bringt mir Mut und Hoffnung ? Was bringt mir Mut und Hoffnung, wenn sich der Tod zu eigen macht, was nicht seines ist, damit sich die Leere ausbreitet.

Ich weiß nicht, was mir Hoffnung bringt, doch so plötzlich wie die Angst gekommen war, kam die Hoffnung, die Angst zu verbreiten und mein schlagendes Herz und die Seen in meinem Inneren zu beruhigen.

Vor mir ist kein Feind, vor mir ist nur die Leere, doch dahinter nicht der Tod, sondern das Licht.
Sekunde für Sekunde.

Schritt für Schritt.

Hinter mir meine Königin, vor mir das Licht.
Sekunde für Sekunde.

Neben mir Tod, der Tod meiner Freunde, nicht mein Tod.  
Ich sehe keinen Tod mehr, ich sehe das Licht.

Schritt für Schritt.

Nach vorne, meine Königin in meinem Rücken.

Ich versprach ihr einst, ich werde sie nie verlassen, ihr Glanz werde nie verblassen, denn sie sei meine Königin.
Dieses Versprechen breche ich jetzt.
Die Königin der Feiglinge, die Figur von D7 ist im Licht angekommen.
Die schwarze Figur kam aus den Schatten, erreichte das Licht.
Ich habe meine Königin verlassen, habe mein Versprechen gebrochen, nun ist mein Verrat komplett.

Nun bin ich die Königin der Schmerzen, ich bin stark. 
Ich hatte meine Königin gewarnt. Und wer beschützt sie nun ?

D1 gegen D8.
Ich, die weiße Dame, gegen meine Königin.

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