Donnerstag, 23. Juli 2015

Komm hoch und fang mich, Teil 1


Ein mieses Gefühl, wenn man merkt, dass das eigene Leben zum Alltag verkommt. Jeden Morgen stehe ich immer mit dem falsche Fuß auf, um dann auf dem Weg in die Küche meinem Kater entweder auf die Pfoten oder auf den Schwanz zu treten. Jetzt muss ich mir erstmal einen Morgenkaffee machen, wozu hab ich schließlich einen Kaffeevollautomaten ? Natürlich verbrenn ich mir am ersten Schluck Lippen und Gaumen, so wie jeden Morgen halt. Naja, während der Kaffee abkühlt, kann ich ja schonmal mein restliches Frühstück vorbereiten, ein Leberwurstbrot. Ich riech die Lebberworscht so gern, ich könn mich nur von [...] meiner Lebberworscht ernährn. Der Kaffee ist aber immernoch zu heiß, also ist noch genug Zeit die Zeitung zu holen. Jeden morgen gehe ich, ungeachtet der Jahreszeit oder Nachbarskindern, nur mit Boxershorts bekleidet an den Briefkasten um die Zeitung zu holen.
Perfektes Frühstück. Leberwurstbrot, Kaffee und Zeitung. Schon nach den ersten Bissen, Schlücken und Schlagzeilen wandert mein Blick auf die Uhr, mal wieder viel zu spät dran, ich muss zur Arbeit. Sprint ins Badezimmer, unter die Dusche, powerduschen, wie jeden Morgen, währenddessen Zähne putzen. Jetzt nichts wie anziehen und los, typisch, Hemd falsch herum. Also ausziehen, umdrehen und richtig herum anziehen, ja, jetzt ist alles richtig, und los. Halt, Kater füttern. Und während mein Kater sich über sein Futter hermacht, öffne ich seine Katzenklappe nach draußen und nutze ein paar Sekunden um ihm über den Rücken und den Kopf zu streicheln. Jetzt wirds aber höchste Eisenbahn, nichts wie los.
Auf der Arbeit angekommen erwarten mich 8 Stunden der Langeweile und Irrelevanz, was mach ich hier eigentlich ? Langweiliger Papierkram, von dem mehr als 2/3 eh in den Schredder kommt.
Und nach den 8 Stunden ? Nichts von Wert geleistet und trotzdem nervlich am Ende und körperlich erledigt. Logische Schlussfolgerung ? Richtig, Essen gehen. Ich habe da schon eine Reihe an Stammlokalen, Schnellrestaurants und Imbissen.
Und nach einem ausgiebigen Abendmahl, meistens Burger oder Currywurst mit Pommes, lande ich daheim auf der Couch, schaue fern und rege mich, wie jeden Abend, darüber auf, dass nur langweiliges und uninteressantes Zeug im TV läuft. Trotzdem schaue ich es mir an, und zwar so lange, bis ich einschlafe. Und irgendwann wieder aufwache, den Fernseher ausschalte um dann endlich ins Bett zu gehen.
Das ist mein Alltag.
Nächster Tag, gleicher Ablauf : Falscher Füß, heißer Kaffe, Leberwurstbrot, powerduschen, Hemd falsch herum, Kater füttern, 8 Stunden irrelevante Arbeit, edle und ausgewogene Abendspeisung, todlangweiliges Abendprogramm, einschlafen, aufwachen, ab ins Bett.
Nächster Tag, gleicher Ablauf, zumindest fast. Alles wie gewohnt, doch plötzlich, auf dem Heimweg, fühlte ich mich so beobachtet. Bestimmt nur Einbildung.
Nächster Tag, ich werde beobachtet, es fühlt sich ganz so an. Doch niemand der rein zufällig auf der Arbeit auftaucht und abends zufällig im selben Etablissement edler Geschmäcker war, oder ähnliches. Werde ich paranoid, leide ich an Verfolgungswahn ? Könnte man es mir übel nehmen, immerhin bringt es in sehr spezieller Weise Spannung in die Einöde meines Alltags.
Nächster Tag, ich bin mir sicher, irgendwer oder irgendwas beobachtet mich. Es sind die kleinen Details die mich verunsichern. Heute stand plötzlich eine kleine Engelsstatue auf meinen Schreibtisch auf der Arbeit, ein Geschenk meines Stalkers ? Und woher kam plötzlich das Airbrushgemälde eines Engels, das da an der Wand in meinem Lieblingsrestaurant feinster amerikanischer Esskultur hing ? Bestimmt nur Zufälle. Sowas darf nicht passieren. Aber man kann ja mal nachschauen. Engel, paah, lächerlich. Als ich mein Lieblingsrestaurant feinster amerikanischer Esskultur verlasse, schaue ich einfach mal zum Himmel rauf, kann ja nicht schaden. Aha, ein blauer Himmel, warum war der Himmel nochmal blau ? Egal, nicht so wichtig jetzt. Und es sind ein paar Wolken am Himmel, keine große Wolke, keine dunkle Wolke, nur viele kleine Wolken, und auf einer der Wolken, ich glaub ich spinn, zwick mich, ich träume, da, das kann nicht sein, da ist ein kleines Mädchen auf der einen Wolke. Ein kleines Mädchen, hübsches Kind, sie lächelt, und winkt mir zu. Ich zwick mir selbst in den Arm, ich träume, ganz klar, einmal, zweimal blinzeln, sie ist weg, ganz sicher. Nein, sie ist noch da. Sie lächelt mich immernoch an, und winkt. Ich winke ihr auch, was soll das ?
"Komm hoch und fang mich", sie will mit mir fangen spielen ? Und plötzlich, mit einer Geschicklichkeit wie eine Tänzerin schwingt sich das Mädchen über den Rand der Wolken, mir stockt der Atem, aber da breiten sich auch schon hinter ihren Schultern große Flügel aus. Ein Schlag, zwei Schläge, drei Flügelschläge später sitzt sie auch schon wieder auf einer anderen Wolke. Sie ist kurz verschwunden. Jetzt schaut sie wieder über den Rand der Wolke und grinst mich an.
"Komm hoch und fang mich",
"Es tut mir Leid, aber ich kann nicht.", ihr Grinsen weicht aus ihrem Gesicht und sie verschwindet.
Was ein Tag, das muss ich erstmal verdauen, bei einer guten Stunde fernsehen.
Nächster Tag, sie ist wieder da. ich kann sie wieder sehen. Sie lächelt wieder zu mir runter, aber sie winkt nichtmehr. Ich winke ihr, sie winkt nicht zurück.
 "Komm hoch und fang mich !", es klingt schon viel fordernder als gestern.
"Es tut mir Leid, aber ich kann das nicht!", sie scheint nicht zu verstehen, dass es nicht geht. Sie sieht richtig beleidigt aus, als sie sich wegdreht. Das arme Mädchen, es tut mir doch echt Leid. Wieso eigentlich ?
Nächster Tag, der Tag nach einer schlaflosen Nacht, es hat die ganze Nacht durchgeregnet, scheiß Wetter. Das Mädchen will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Ein Engel ? Will mit mir fangen spielen ? Und ich soll hochkommmen ? Wieso ? Ich kann doch nicht. Ich will sie heute nicht wieder sehen, ich will nicht. Vielleicht wenn ich einfach auf den Boden schaue, das könnte klappen.
Der erste Teil des Tages verläuft jedoch normal, erst auf dem Heimweg, ich sags ja, mit dem falschen Fuß aufgestanden, ist da einfach eine Pfütze auf dem Boden, in dem sich der Himmel spiegelt. Nur ein kurzer Blick in die Pfütze, weil ich zu spät reagiert habe, und wen sehe ich ? Sie ist da, und ihre Reflektion sieht sehr vorwurfsvoll aus, also schaue ich jetzt wieder direkt zu ihr. Ihr direkter Anblick sieht nicht weniger vorwurfsvoll aus.
"Fang mich!", sie befiehlt es praktisch schon. So ein Tonfall, von so einem kleinen Mädchen ?
"Es tut mir Leid",
"Fang mich, wenn du kannst",
"Ich kann aber nicht", ich fang schon an zu stottern. Wie sie von dort oben auf mich herabsieht, der vorwurfsvolle Blick, die befehlende Stimme.
"Benutze Herz und Verstand, ich weiß, dass du es kannst", nun zittert ihre Stimme auch, und der vorwurfsvolle Blicke verschwindet so langsam.
"Was ? Wie ?",
"Keine Angst, Keine Angst", nun sieht sie nichtmehr vorwurfsvoll aus und hört sich nichtmehr befehlend an, nein, nurnoch traurig. Eine einzelne Träne rollt über ihr Gesicht, und es beginnt wieder zu regnen. Hat sie etwa die ganze Nacht durchgeweint ?
Ich muss jetzt einfach erstmal an mich selbst denken und mir Schutz vor diesem Wolkenbruch suchen. Mein Weg führt mich ins näheste meiner Stammlokale, eine hausmannsdeutsche Bratwurst und Bratkartoffelbude, das Essen ist sehr lecker und sehr gut anzusehen, nur die Bedienung sieht ganz nach dem Gegenteil aus, aber ich gehe schließlich wegen dem Essen hierher, also soll mich das nicht weiter stören, heute schon gar nicht. Auf jeden Fall eignet sich die Bude auch gut um ein paar Stunden über den Acker zu kriegen, so lange dauert nämlich der Regen. Als ich nach Hause komme ist es schon dunkel draußen, und so sollte es auch drinne sein, schließlich ist niemand zu Hause der Licht machen könnte. Und trotzdem sehe ich aus dem Wohnzimmer das Flimmer des Fernsehers, merkwürdig, ich werde ihn doch wohl nicht etwa die ganze Zeit laufen gehabt haben ?
Doch als ich ins Wohnzimmer trete, schaffe ich es kaum meinen Augen zu trauen. Wer sitzt denn da ? Der Engel, das kleine Mädchen in meinem Wohnzimmer ? Ich muss wohl endgültig durchdrehen. Sie schaut mich an, direkt in die Augen, was ein durchbohrender Blick, in ihrem Gesicht stehen absolut keine Emotionen geschrieben, keine Regung. Man kann nicht von mir erwarten, dass ich so einem Blick länger als einige wenige Sekunden standhalten kann, also lass ich meinen Blick schweifen, und da seh ich schon den nächsten Knüller, den ich nicht glauben will. Wer liegt denn da auf dem Schoß, des Mädchens, das nicht hier sein kann, aber anscheinend doch da ist, und sogar real ist ? Mein Kater, dieser Verräter, auf meinem Schoß liegt er nie.
"Hallo Kleines", na immerhin ein erster Schritt.
"Wieso spielst du nicht mit mir fangen, Papa ?"

4 Kommentare:

  1. Gründsätzlich ganz gut, aber du solltest deine Geschichten vielleicht nicht immer nachts schreiben. Habe einige Schreibfehler entdeckt und finde leider, dass du am Anfang zu sehr ins Detail gegangen bist. So ein Tagesablauf ist nicht so spannend, als dass man ihn Schritt für Schritt erklären müsste, finde ich. Der restliche Teil ist sehr schön mit dem Engel. Die Geschichte ist insgesamt sehr lang geworden. Ohne den langen Part am Anfang hätte sie mir besser gefallen, aber das Ende hat es wieder gut gemacht. Ich würde dir vielleicht raten, deine Einträge etwas kürzer zu halten, aber das ist natürlich nur meine Meinung. Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen helfen. :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Rechtschreibfehler haben nicht unbedingt etwas mit der Uhrzeit zu tun, vielmehr damit, dass ich immer schon 3 Sätze weiter denk und meine Finger nicht hinterherkommen.
      Dass der Anfang lang und langweilig ist, weiß ich. Aaaaaaaber, diese Story wird noch weitere Teile erhalten bis das ganze evtl einen nicht unwichtigen Sinn bekommt ;D
      Die Rechtschreibfehler habe ich weitesgehenst korrigiert, glaub ich zumindest :D
      Danke

      Löschen
  2. Puh, an einigen Stellen habe ich echt Gänsehaut bekommen :o
    Gute Geschichte bisher, aber teilweise auch etwas langwierig.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. und bei dem Teil mit der Lebberworscht konnte ich nicht mehr! :D

      Löschen