Sonntag, 9. August 2015

Punkt 5 auf der Liste - Komm hoch und fang mich, Teil 3

Ach, es gibt fast nichts Schöneres, als von Vogelgesang geweckt zu werden und wenn dann noch die Sonne scheint, kann mir fast nichts den Tag vermiesen. Selbst, dass es regnen soll, stört mich nicht, ich muss der Kleinen sagen, sie soll nicht so viel weinen. 
Sie hat doch jetzt mich.
Apropos die Kleine, fast nichts könnte mir den Tag vermiesen, fast nichts, jaja fast nichts, aber da ist ja noch Punkt 5. Ich bin nicht der Freund von Konfrontationen, ich bin auch nicht der Freund dieses Einbrechers, ich hab allgemein sehr wenig Freunde, vielleicht sollte ich mich mit ihm anfreunden ? Nein, Nein, Nein, ganz falscher Gedanke, was ist los mit mir ? Nein, Nein, Nein.
Jetzt wird es erstmal Zeit ich auf meine morgendliche Routine einzustellen. Falscher Fuß, Morgenkaffee, Leberwurstbrot und so weiter.
Das mit dem Fuß ist so eine Sache, welcher Fuß ist schon der Falsche ? Ich bin Rechtshänder, aber eine Hand ist ja kein Fuß, beim Fußball schieße ich auch mit rechts, aber wenn ich irgendwo abspringen muss, dann nehm ich den linken Fuß. 
Auf jeden Fall bin ich mit einem Fuß aufgestanden, immerhin, und ich bin auf dem Weg in die Küche nicht dem Kater auf die Pfoten getreten. Ein guter Start, das wird mit einem Kaffee gefeiert. Einmal schnell auf die eigene Schulter geklopft, Eigenlob stinkt zwar, aber hat ja keiner gesehen. Die Zeitung war heute auch pünktlich, nur die heutige Schlagzeile ist noch irrelevanter als sonst, "Lokalheld erfindet sensationelles Salamipizzarezept", was ein Scheiß. Ein weiterer Punkt, an dem ich aus meiner Morgenroutine ausbreche, keine Zeitung heute, sowas muss ich mir nun echt nicht geben. 
Aber es kommt noch besser, da ich heute wieder nicht zur Arbeit gehe, ist eh nur ein langweiliger und irrelevanter Job, spar ich mir die Hektik in der Dusche und beim Hemd Anziehen. Ganz entspannt frühstücken, ein Leberwurstbrot, ein Kaffee und die Zeit mich gemütlich zurückzulehnen. Selbst der Kater legt sich heute mal zu mir. Was ein schöner Morgen. Fast. Wäre da nicht Punkt 5.
"Papa ?",
"Guten Morgen Kleine",
"Was spielen wir heute ?",
"Es tut mir Leid, aber Papa hat heute was zu tun",
"Was denn ?",
"Erwachsenen Sachen. Unwichtig. Dafür spiel ich morgen mit dir und übermorgen und überübermorgen. Versprochen." Ein Lächeln umspielt jetzt meine Lippen, es ist trotzdem immer ein bisschen erschreckend, wenn sie einfach so auftaucht.
"Und Überüberübermorgen ?",
"Da auch. Aber ob wir Überüberüberübermorgen spielen überleg ich mir noch",
"Ok Papa, bis morgen",
"Bis Morgen."
Dann mal los. Nur wo fang ich an ? Also beim besten Willen, aber vor dem zweiten Kaffee kann man mich morgens vergessen. Also ein zweiter Kaffee, und jetzt nehm ich also doch die Zeitung in die Hand. Das mit der Pizza überspring ich, also echt, mit was man alles in die Zeitung kommt, früher hat man schon morden, und nichtnur eine Pizza neuerfinden, müssen um auf das Titelblatt zu kommen. Mord, auf dem Titelblatt, der zweite Kaffee wirkt. War da nicht letztens was ? Ich meine mich an eine solche Schlagzeile zu erinnern, den Artikel hab ich selbstverständlich nicht gelesen, ich musste an einem normalen Tag stattdessen ja duschen und Zähne putzen. Mal schauen, ob ich sie noch habe. 
Tatsächlich, was ein Zufall, wer hätte das gedacht ? Diese Zeitung ist also noch nicht als Küchenabfälleverpackung in die Biotonne gewandert. 
"Einbruch als Mordszenario: Frau und Kind erschossen", was ein haarsträubender Titel. Ich sollte echt nichtmehr diese Boulevardzeitung lesen. 
Nunja, mal schauen was im Artikel steht. Aha, erst 6 Tage her, ..., ein 54jähriger, ..., Hans R. aus Bonn, na das ist doch mal eine brauchbare Information, ..., verurteilt wegen zweifachen Mords, lebenslänglich, hat er verdient der Drecksack.
Gefunden hab ich ihn ? Kann ich den letzten Punkt abhaken ? Ja. Oder ?
Nein, ich sollte zumindest mit ihm reden. Nur reden, jaja, nur reden, ich nehm mal besser ein Messerchen mit, ich werde es schließlich mit einem zweifachen Mörder zu tun haben.
Steht in dem Artikel auch wo er eingebuchtet ist ? Nein, natürlich nicht, das wichtigste wird einfach außen vor gelassen. Naja, gidf, und schon weiß ich wo er sitzt. Ab ins Auto, das ist nichtmal weit weg von hier, das kenn ich. Aber es muss natürlich regnen, der Wetterbericht hatte recht. Die Kleine weint mir zu viel.
Offener Besuchstag, dass es sowas gibt. Oder der Wärter hatte nur keine Lust zu überprüfen, ob ich wirklich sein Bruder eines anderen Vaters bin. So wie er auch keine Lust hatte mich allgemein zu überprüfen, ich sehe schon die Schlagzeile des Boulevardblatts "Wärter Schuld an Mord im Gefängnis: Besucher schmuggelte Messer hinein".
Nunja, ich werde empfangen, was eine Ehre von einem Knacki.
  1. 8 Geburtstage feiern
  2. Bei der Einschulung dabei sein
  3. Bei Tanzauftritten dabei sein
  4. Spielen
  5. den Einbrecher finden
"Guten Tag", ich begrüße ihn höflich, selbst ein Knacki kann ja Manieren haben.
"Wer bist du ?"
"Gleich zur Sache, wie ? Nun Gut, der Vater des Mädchens."
"DAS Mädchen ?"
"Ja, DAS Mädchen", verdammt, wieso kommen mir vor dem Mörder die Tränen ? Ich muss mich ablenken, nicht weinen, das ist nicht männlich. Männer weinen nicht, Männer haben was im Auge. Aber ich hab nichts im Auge. Ablenkung? Hosentaschen ! Schlüssel ? Handy ?, ich bin mir sicher, ich dürfte eigentlich gar nichts dabei haben. Taschentuch ? Kleingeld ? Was ist das ? Ah, das Messerchen. 
"Sie, Sie müssen mir glauben, dass es mir unendlich Leid tut, ich wollte das nicht."
"Natürlich wolltest du das nicht.", ich habe ja nichts anderes erwartet. "Dann erzählen sie mir doch ihre Geschichte."
"Ok", er schluckt schwer, auffällige Körpersprache. "Sie müssen wissen, ich war sehr arm, wohnte seit Wochen auf der Straße, das macht keinen Spaß bei dem Regen, müssen Sie wissen. Ich hatte nichtsmehr zu essen, mir war kalt. Ich wollte sowas nicht, aber dann kam einer auf mich zu, auch einer von der Straße, er sagte ich soll einfach irgendwo einbrechen. Wenn es mir so schlecht geht, dann hab ich das Recht es denen, denen es besser geht, es ein wenig zu vermiesen um es mir besser gehen zu lassen, sagte er, müssen Sie wissen. Ich wollte das nicht, aber er zeigte mir seine warmen Klamotten, neu, nicht dreckig und kaputt, warm und sauber, ich wollte das auch. Dann hat er mich begleitet, als ich mir ein Haus aussuchen sollte, er sagte in diesem einen Haus gäbe es was zu holen. Für alle Fälle hat er mir noch die Waffe gegeben, müssen Sie wissen. Ich hatte keine Taschen um die Waffe wegzustecken, und so hatte ich sie halt in der Hand. Und dann, Sie müssen wissen ich wollte das nicht, dann hab ich mich erschreckt, nur erschreckt, mehr nicht, aber dann im Schock reagiert, ich wusste nicht was ich tun soll, ich konnte nicht kontrollieren was ich mache. Und 2 Schüsse später,  waren sie tot, und ich stand da umgeben von Blut, Scherben und Leichen, müssen Sie wissen. Das war zu viel für mich, dann hab ich die Polizei gerufen und sie haben mich mitgenommen."
"Och Gottchen, welch bedauernswertes Schicksal. Ich würde dir ja gerne glauben, aber ich glaube ich will das nicht. Es muss dir aber auch nicht Leid tun.", das Messer halt ich schon fest in der Hand, aber so, dass er es nicht sehen kann.
"Wie ?"
"Mir muss es Leid tun, und mir tut es wirklich Leid",
"...", und jetzt steh ich da, umgeben von einer Leiche und Blut, soll ich die Scheibe einschlagen, dass hier noch Scherben liegen ?
"PAPAA !!?!, Was hast du getan ?"
"Ich ..., ich we-..."
"Papa, schon gut."
Wieso bobachtet sie mich, wenn ich sowas mache ? Ein merkwürdiges Kind, aber naja, Engel, vielleicht sind sie alle so.
"Komm hoch und fang mich"
"Was ?"
"Papa, komm hoch und fang mich !"
"Wie ? Ich kann doch nicht ?"
"Stell dich nicht so an. Benutze Herz und Verstand, deinem Alltag bist du so schon entflohen, vielleicht solltest du ein Stück weiter entfiehen. Keine Angst."
"Aber..."
"Kein Aber. Keine Angst, ich weiß, dass du es kannst."
"Du meinst ..?"
"Ja."
"Ich liebe dich, meine Tochter." 
Es tut weniger weh als erwartet, in Wahrheit tut es gar nicht weh. Es fühlt sich eher an wie eine Impfung. Nein doch nicht wie eine Impfung, eher wie Blut abnehmen. Ein kurz Stich und es läuft aus dir heraus und verliert sich.
Der nächste Morgen ist wie kein Morgen zuvor. Ich erwache weder in meinem Bett, noch wegen Vogelgezwitscher. Dafür scheint die Sonne, und ich fühle mich leicht.
"Und Papa ? Wie ist es ein Engel zu sein ?"

1 Kommentar:

  1. Dieses Ende! Puh, Mindfuck! :D
    Also die Geschichte hat ziemlich nachdenklich gemacht und einige Fragen aufgeworfen.
    Hat mir super gefallen, auch die kleinen Insider und sehr kreativen Stellen.
    Ich würde es jetzt nicht unbedingt als Kritik betiteln, aber ich hab das Gefühl deine Texte sind allgemein sehr chaotisch und ein bisschen ungeordnet. Naja, was einem eben so in den Sinn kommt ;)
    Fazit: Gänsehaut!

    AntwortenLöschen